Predigt für Sonntag,den 15.März 2020 , Okuli (II)

Okuli 2020 (II) – Lukas 9,57-62

Vom Ernst der Nachfolge

57 Und als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu Jesus: Ich will dir folgen, wohin du gehst.

58 Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

59 Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.

60 Er aber sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!

61 Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Hause sind.

62 Jesus aber sprach zu ihm: Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.

Liebe Gemeinde!

Ich habe Sprengstoff in meinem Gepäck!“ So eine 49-jährige Leipzigerin auf dem Düsseldorfer Flughafen, Ende des vergangenen Jahres, als die Flieger noch flogen, auf die Frage eines Sicherheitsbeamten.

Was als Witz gemeint war, ging dann aber gehörig nach hinten los. Denn die Bundespolizei fand die Behauptung nicht gerade lustig. Und der Scherz hatte Konsequenzen:

Zuerst eine Belehrung, in der darauf hingewiesen wurde, dass derartiges Verhalten strafrechtliche sowie zivilrechtliche Folgen haben kann. Dann wurde das Gepäck der Frau geröntgt und auf Sprengstoff untersucht. Die Polizei fand natürlich nichts, es war ja auch nur ein Scherz. Doch wegen der Vortäuschung einer Straftat nahm die Bundespolizei die Dame dann mit und die wurde noch dreist:

Denn sie wollte weder mit den Beamten sprechen noch sich erklären. Und noch dreister: Sie versuchte sogar aus den Diensträumen der Polizei zu flüchten. Und das hatte das zur Folge, dass sie ihren geplanten Flug nicht antreten durfte. Die Sicherheitskräfte ließen sich das nicht bieten und leiteten dann eine Ermittlung wegen der Vortäuschung einer Straftat gegen die Frau ein.

Und die Moral von der Geschicht: Man sollte bei seinen Scherzen die Konsequenzen mit bedenken. Oder eben

anders: Man sollte wissen, auf was man sich mit denen einlassen kann. Noch eine Episode:

Vergangener Dienstag: Ich vormittags zu einem Geburtstagsbesuch in Heukewalde. Und da wurde erzählt, dass am Abend zuvor bei der Zockervariante von „Wer wird Millionär“ bei dem Jauch ein Pfarrer die 125.000 € erreicht hat und die Show am Dienstagabend fortgesetzt wird. Und ich wurde dann gefragt, ob ich den Mann kenne, weil er wohl aus unserer Gegend stammen soll. Ich habe dann in meinen Computer nachgeschaut, wer das wohl sein könnte und es war der älteste Sohn von Ralf Gotter, dem Inhaber der evangelischen Bücherstube in Crimmitschau, der in Halle an der Saale freikirchlicher Pastor ist. 20.15 Uhr am Dienstag eine Sitzung in Thonhausen, aber ich habe danach die Sendung mit meiner Frau auf deren Handy am späten Abend noch angeschaut:

Wahnsinn! Da schafft es einer bis zur 2-Millionen-Frage:

Wer hat von den 4 Personen den Einheitsvertrag unterschrieben: Wolfgang Schäuble, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Gentscher oder Lothar de Maiziere?“

Und dann hatte der Sohn von Ralf Gotter noch seinen Telefonjoker. Und was macht er? Er ruft seinen Papa in Crimmitschau an und bekommt zweimal die richtige Antwort gesagt: Wolfgang Schäuble! Aber der Sohn getraut sich nicht auf die Antwort seines Vaters zu setzen.

Und die Moral von der Geschicht: Man sollte bei seinen Entscheidungen die Konsequenzen mit bedenken. Oder eben anders: Man sollte wissen, auf was man sich einlässt.

Im Fall Gotter: Wenn man nicht auf seinen Papa hört, dann wird man eben kein Millionär und muss sich mit 750.000 € zufrieden geben.

Wenn …, dann. In der Grammatik Bedingungssätze oder auch Konditionalsätze genannt.

Und die werden in einer groben Einteilung in 3 Typen eingeteilt:

Typ I (Realis der Gegenwart oder Wahrscheinlichkeit), Typ II (Irrealis der Gegenwart oder Unwahrscheinlichkeit) und Typ III (Irrealis der Vergangenheit oder Unmöglichkeit.“ Verstanden?

Man, wie habe ich Grammatik in der Schule gehasst! Ich habe damals das Wenigste verstanden, bisschen mehr dann, als ich im Studium noch Latein lernen musste. Auch keine Erfolgsgeschichte, aber ich habe es geschafft.

Was in der Definition recht kompliziert klingt, eigentlich eine einfache Sache.

Also: Bilden wir doch mal paar Konditionalsätze mit Wenn und Dann vom Typ I, dem Realis der Gegenwart

oder Wahrscheinlichkeit. Keine Angst, ihr braucht den Satz nur vervollständigen:

Wenn ich ein richtiger Christ sein will, dann muss man …

Vorschläge?

– in der Bibel lesen/in den Gottesdienst gehen/die Gebote halten, anderen helfen, den Pfarrer freundlich grüßen/in der Gemeinde mitarbeiten …

Ich denke, das steckt in uns allen: Um ein richtiger Christ zu sein, da muss man was für Gott und Jesus tun.

Denn so sagt es uns doch auch unser heutiger Predigttext, der die Nachfolge thematisiert!

Was aber bedeutet das? Von dreien, die das nicht so recht wussten, haben wir ja vorhin gehört. Und Jesus spricht davon, auf was man sich einlässt, sollte man ihm folgen. Und das steht doch fest: Nachfolge ist leichter gesagt, als getan.

1) “Herr, ich will dir folgen, wo du auch hingehst.”

So der erste der 3 Männer. Der Mann ist begeistert von Jesus. Warum wissen wir nicht, aber vielleicht waren’s Jesu mitreißende und vollmächtige Predigten.

Vielleicht waren’s die Wunder, die er an der Seite Jesu

miterleben durfte, vielleicht war’s die Ausstrahlung, die von Jesus ausging.

Doch als würde das überhaupt nichts zählen – Jesus selbst bremst diesen Mann doch aus:

Und Jesus tut’s erstens: Weil man sich nicht selbst in seine Nachfolge berufen kann.

Und er tut’s zweitens: Weil dieser Mann überhaupt keine Ahnung davon hat, auf was er sich in Sachen “Jesus” einlassen würde.

Begeisterung an seiner Person ist Jesus zu wenig.

Einfach deshalb, weil Begeisterung nicht mehr ist als ein Strohfeuer, das schneller aus als angezündet ist.

Begeisterung sicher eine tolle Sache, aber letztlich zu wenig, um in der mitunter harten Wirklichkeit des Glaubens zu bestehen.

Und Jesus sieht diesen Mann an und sagt ihm klipp und klar, auf was er sich in Sachen Nachfolge einlassen würde:

Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlege.”

Mal ganz ehrlich:

Wer von uns wollte sich auf so was einlassen?

Wer von uns will heimatlos sein und sich von Jesus sagen lassen:

Mein Lieber, wenn du denkst, dass du heute nach einem satten Abendbrot und dem Tatort in deinem weichen Federbett schlafen wirst, dann hast du dich getäuscht.”

Doch auch irgendwie, wie wir so schön sagen, kontraproduktiv, was Jesus da sagt. Fehlt doch nur noch, dass er sagen würde: “Lass das Ganze mit der Nachfolge, dein Leben wird nicht mehr lebenswert sein und mir recht machen wirst du’s ja eh nie und nimmer.”

Nein, liebe Gemeinde, man muss es anders sehen:

Jesus legt die Karten offen auf den Tisch. Er kein Vertreter, der mir empfiehlt, das Kleingedruckte nicht unbedingt zu lesen, er einer, der den Seinen eben nichts vormacht. Jesus hat’s nicht nötig, uns mit falschen Versprechungen zu ködern. Er keiner, der seine Mission auf falschen Illusionen aufbaut.

Sondern er der, der uns sagt, was uns in seiner Nähe erwarten kann und worum es ihm eigentlich in Sachen “Nachfolge” geht.

Natürlich um seine Gemeinschaft mit mir. Aber das eben ohne die Garantie einer sicheren Existenz. Das ohne die plumpe Behauptung: “Mein Lieber, in mir hast du die einfache Lösung all deiner Probleme.”

Das Problem sind doch letztlich unsere selbstgebauten “Gruben und Nester”, Dinge, an die man sich

gewöhnt hat und die mich so beschäftigen und vereinnahmen können, dass Jesus im besten Fall nur eine Nebenrolle in meinem Leben spielt.

Und schneller als ich denke werde ich zum Sklaven meiner eigenen Grube und zum Nesthocker meines selbst gebauten Nestes und komme da nicht mehr raus, weil’s in denen so schön bequem, kuschelig und sicher ist.

Doch Nachfolge im Sinne Jesu ist eben nichts für Bequeme und überzeugte Nesthocker, sondern ist eine Sache, die mich auch etwas kostet und die mich auch hin und wieder ins kalte Wasser stellt. Ist eine Sache mit vielen Unbekannten, aber letztlich doch der Weg, der unter den größten Verheißungen steht.

Übrigens: Als Jesus kurz vor seiner Verhaftung seine Jünger fragte: “Habt ihr jemals Mangel gehabt”, antworteten die: “Niemals!” Und warum sollte unsere Antwort anders ausfallen als die seiner Jünger.

2) “Und Jesus sprach zu einem anderen: Folge mir nach! Der aber sprach: Erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; gehe du aber hin und verkündige das Reich Gottes!”

Doch unerhört, was Jesus hier fordert. Da ruft er einen Menschen in seine Nachfolge und der sagt auch noch Ja.

Und er bittet Jesus nur um paar Stunden, damit er seinen Vater begraben kann.

Ein Zeichen der Liebe, letztlich auch die Erfüllung des

4. Gebotes, Vater und Mutter zu ehren, doch dann fährt Jesus so richtig pietätlos dazwischen und fordert offen dazu auf, gegen Anstand und gute Sitten zu verstoßen.

Ein Versprecher? Kam’s bei Jesus vielleicht auch mal vor, dass die Zunge schneller war als das Hirn?

Kann doch nicht sein: Ich kann die Toten nicht einfach liegen lassen? Sollte es wirklich verboten sein, Tote zu beerdigen, sie zu ehren und die Trauernden zu trösten?

Nein, liebe Gemeinde: Sondern Jesus will mit seinen so scheinbar pietätlosen Worten wieder klarstellen, was rechte Nachfolge bedeutet. Und in der geht’s eben nicht um den Tod, sondern um das Leben. Leben im Vollsinn, Leben, dem der Tod nichts mehr anhaben kann.

Ich bin die Auferstehung und das Leben. Ich lebe und ihr sollt auch leben!”

Die vielleicht größte Verheißung, die es geben kann, weil sie auch vom ewigen Leben bei Gott spricht!

Und wer sich in die Nachfolge Jesu gerufen weiß, der weiß auch, dass er kein Nachlassverwalter eines toten Jesus ist, sondern dem Auferstandenen folgt. Und der ruft uns nach vorn, in seine Zukunft.

Und vor diesem Weg verblasst selbst die Aufgabe, Tote zu begraben, so wichtig und unerlässlich sie auch ist.

3) “Und ein Dritter sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Hause sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes!”

Immer wieder gibt es Geschichten wie diese: Ein Mann sagt seiner Frau, dass er mal für paar Minuten raus muss, um sich Zigaretten zu holen. Doch dann werden aus den Minuten Stunden, Tage, Wochen und Jahre. Vielleicht sehen sich die beiden nie wieder.

Alles stehen und liegen lassen”. Wer hat’s nicht wenigstens mal angedacht, doch irgendwie verlockend.

Aber genau das will ja der 3. Mann ja nicht. Wenigstens den Lieben zuhause noch Ade’ sagen, sonst steht ja nichts im Weg. Anständig ist der Mann. Schließlich hat er’s gelernt, dass man sich verabschiedet.

Doch dann wieder so ein unpassendes Jesuswort, das allem Anschein nach die guten Sitten und den Anstand nicht nur verletzt, sondern aufhebt. Aber was Jesus sagen will, ist doch das:

Nachfolge ist nicht an Bedingungen zu knüpfen, die wir doch alle gar zu gerne stellen.

Nachfolge verträgt keine Bedingungen, die zwischen Jesus und den Gehorsam treten können.” So Dietrich Bonhoeffer in seinem bekanntesten Buch, in seiner “Nachfolge”, dessen 75. Todestag am 9. April ansteht.

Im Reich Gottes gelten eben andere Gesetze als in Politik und Gesellschaft, wo ohne Kompromisse ein gutes Miteinander nicht möglich wäre.

Auf den ersten Blick doch nur harte und unpassende Worte, mit denen Jesus in die Nachfolge ruft und sie scheinbar unmöglich macht. Worte, die Widerstand hervorrufen und provozieren. Aber dennoch ist das Leben in der Nachfolge ein Leben unter den gewaltigsten Verheißungen. Und eine davon steht im Johannesevangelium, wo Jesus sagt:

Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben!”

Amen.

EG 394,1-5 “Nun aufwärts froh den Blick gewandt”

Jörg Dittmar

 

 

 

 

Posted by Mannichswalde