Liebe Gäste

Liebe Gäste

Die Bewohner der Tagespflege Mannichswalde (Volkssolidarität,Kreisverband Zwickauer Land) führt ihr Spaziergang des öfteren auf dem gut asphaltierten Weg an unserer Kirche vorbei. Dabei entstand der Wunsch, nicht nur die Rosen vor dem Gotteshaus zu betrachten, sondern ebenfalls gern einmal in die Kirche hinein zu schauen.

Doch dann kam das Coronavirus und alle Aktivitäten wurden auf Eis gelegt… bis Anfang Oktober 2021.

Ein Anruf der Tagespflegeleitung mit der Anfrage, ob an 3 Tagen jeweils eine „Ausflugsgruppe“ die Kirche besichtigen kann, wurde positiv von mir beantwortet. Ich gebe zu, mir war etwas bange, da ich bisher noch nie Besuchern die Mannichswalder Kirche vorgestellt habe. Worauf mußte ich mich einstellen? Wie wird die Reaktion sein? Wie auffassungsfähig sind meine Gäste…?

Recht aufgeregt erwartete ich am Folgetag die ersten Gäste. Es dauerte keine Minute und mir machte das Reden Spaß.

Eine kurze Einführung in das Alter unseres Gotteshauses und den Umbau 1960-1962 mit allen Schwierigkeiten, die der Mauerbau 1961 mit sich brachte, führte zu den ersten Kontakten zu den Gästen.

Meine lieben Zuhörer ließen auch Fragen zu, z.B. nach dem „Glasfenster“ innerhalb des Kirchenschiffes. Gespannte Stille…

Meine Aufklärung “ Das ist die sogenannte Fürstenloge“ wurde sofort mit einem Zwischenruf unterbrochen: „Aber sie hatten doch keinen Fürsten!“

Richtig. Doch wie würde die Bezeichnung „Rittergutsbesitzerloge“ klingen?

Die Geschichte unseres Altarbildes vom Verschwinden bis zur Wiederentdeckung und Restauration haben meine Gäste interessiert verfolgt.

Fast heimatlich wurde es bei Herrn Opitz, der unsere Orgel vor ca. 150 Jahren erbaute, denn er stammte aus Dobra, in der Nähe von Schmölln. Der hübsche Ort Schmölln war allen bekannt. Meine (versuchte) Darstellung eines Bälgetreters wurde mit viel Spaß aufgenommen und wir waren uns einig, daß es auf elektrischem Wege wohl besser geht.

Nach einem kurzen Segen wollten wir zum Abschluß des Besuchs den Gemeinderaum ansehen.

Allen Gästen war bekannt, daß ihre Tagespflegeeinrichtung das frühere Pfarrhaus war.

Beim Verlassen der Kirche fragte mich eine ältere Dame nochmals, wie alt die Kirche sei und ein netter Dialog entspann sich.

„Sie ist ca. 400 Jahre alt“

„Ich bin auch schon alt“

„Aber keine 400 Jahre!“

Mit einem Lächeln:“Nein, aber 95 !“

Schön, wenn man in diesem Alter noch so interessiert ist.

Im Gemeinderaum erlebten wir mit der 3. Besuchergruppe eine unerwartete Begebenheit. Ein älterer Herr löste sich plötzlich aus der Gruppe und lief zielstrebig auf das Klavier zu, klappte den Deckel auf, setzte sich vor die Tasten und spielte notenfrei ein klassisches Klavierstück.

Im Raum hätte man eine Stecknadel fallen hören. Ein ungläubiges Staunen hatte Mitbesucher und Pfleger ergriffen. Niemandem war bekannt, daß der ältere Herr Klavierspielen konnte bzw. bei seinen erheblichen Einschränkungen dazu in der Lage war. Der kräftige Applaus kam allen Zuhörern aus dem Herzen!

Ich möchte mich bei allen Gästen sehr für ihr Interesse bedanken, die netten Kurzgespräche und die Erntedankgaben, die jede Gruppe für den Altar mitgebracht hatte.

Für mich waren diese 3 Tage eine große Bereicherung und der Beweis, daß man auch im Alter ,trotz zum Teil großer körperlicher und geistiger Einschränkungen, kein stupides Leben führen muß. Mein großer Dank geht an das Pflegepersonal, das sich so engagiert um die älteren Menschen kümmert und selbst zu Aktivitäten anregt.

Claudia Schlegel

 

 

Posted by Mannichswalde